Nachdem ich mit Sternensammler meinen ersten Manga gelesen (und auch für gut befunden habe), kam mir als Sherlock-Fan der Manga vom Carlsen Verlag gerrade recht. Viel Inhalt, bekannte Gesichter und eine Story, die eigentlich nie langweilig wird.
Manga im Serien-Look
Die Fernsehserie Sherlock mit Benedict Cumberbatch (u.a. Imitation Game) und Martin Freeman (Der Hobbit, Fargo), die ab 2010 erstmals auf BBC One erschien und 2011 bei Das Erste, kennen mittlerweile einige Zuschauer. Sie verpasste der eh schon berühmten Lektüre noch mal einen Boost. Persönlich mag ich Cumberbatch und Freeman als Sherlock und Dr. Watson sehr gerne, da passt irgendwie alles zusammen. Schade, dass bisher nur 4 Kurzstaffel und eine Spezialfolge erschienen sind. Ich will mehr davon! Cumberbatch hat so ein markantes Aussehen und eine so irre, aber zeitgleich geniale Mimik, dass ich ihn in der Rolle echt ernst nehme. Ok, die letzte Staffel war für meinen Geschmack etwas zu abgedreht, aber darüber lässt sich ja immer streiten.
Schon gewusst?
Benedict Cumberbatch ist übrigens tatsächlich ein Nachfahr von Arthur Conan Doyle, aus dessen Meisterhand Sherlock entsprang. Zwar nur ganz entfernt, aber immerhin ein Cousin 16. Grades. Ha – deshalb kann er das so gut, liegt in der Familie.
Zusätzlich ist Martin Freeman einer meiner Lieblingsschauspieler, er ist irgendwie knuffig (darf man ja fast gar nicht sagen) und sieht so sympathisch aus – er kann aber auch anders. Der treue Dackelblick, seine Gestik und Bewergungen sind perfekt. Freeman verkörpert als Dr. Watson einen ebenbürtigen Gefährten. Filme und Serien mit ihm ziehe ich mir rein wie die Chips, die danach immer leer sind. Da muss ich weiter gucken, der macht irgendwie süchtig.
Warum ich das nun als Einstieg so ausgedehnt erwähne, hat einen einfachen Grund: die Stärke und Präsenz der beiden Protagonisten haben wohl auch die Autoren und Zeichner des Mangas erkannt. Sie haben erst gar nicht versucht Sherlock und Dr. Watson eine neuen Look zu verpassen – das war eine sehr gute Entscheidung. So sehen Sherlock und Dr. Watson im Manga eigentlich genauso aus wie Cumberbatch und Freeman. Ja – das mag ich. Eigentlich war auch genau das der Grund, weshalb ich im Comicladen danach griff. Und Carlsen hat vollkommen recht, indem der Verlag die Manga-Serie, die aus drei Teilen besteht, mit folgenden Worten anpreist: „Die BBC-Kracher-TV Serie SHERLOCK als Manga-Adaption!“ Die Zeichnungen sind auf jeden Fall gelungen. Lediglich Dr. Watsons Mimik und lustigerweise seine Nase, sind ab und an nicht ganz getroffen. Aber die Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen.
Um was geht’s?
Das ist eigentlich recht schnell erklärt. Dem ersten Band diente (wie auch der ersten Folge) Eine Studie in Scharlachrot. Watson kehrt aus dem Afghanistankrieg zurück und hat mit seinem eigenen Trauma zu kämpfen – vielleicht eine posttraumatische Belastungsstörung? Zumindest humpelt er und keiner weiß warum. Hinzu kommt auch noch das Problem, dass er sich eine Wohnung in einem besseren Viertel nicht leisten kann, denn bezahlbarer Wohnraum ist ein knappes Gut. Wie der Zufall will, trifft er einen alten Freund, der Abhilfe verschaffen kann. Ein Bekannter sucht einen Mitbewohner – zack Sherlock und Holmes treffen zum ersten Mal aufeinander und werden zu Mitbewohnern, die sich erst einmal aneinander gewöhnen müssen.
Die 221B Baker Street wird ihr neues Zuhause. Und Watson entdeckt schnell Sherlocks Gabe: Ohne ihn zu kennen oder ihn vorher jemals getroffen zu haben, scheint Holmes bereits alles über ihn zu wissen: wo er war, was er erlebt hat und über das Alkoholproblem seines nahen Verwandten ist er auch informiert.
Der Fall von Pink
So richtig viel Zeit zum Beschnuppern bleibt aber nicht, denn das Verbrechen schläft bekanntlich nicht. Eine Reihe merkwürdiger Todesfälle, die dem ersten Anschein nach als Selbstmorde eingetstuft werden, beschäftigt die Herren von Scotland Yard. Speziell Inspector Lestrade zweifelt an der Annahme, da keine Personen als suizidgefährdet bekannt war, sie untereinander keine Verbindung aufweisen, aber – und das ist entscheidend – an derselben Todesursache starben.
Lestrade bittet Sherlock, der in den ein oder anderen Fällen als Berater tätig ist, um Hilfe, als ein Tatort ein besonderes Merkmal aufweist: er ist pink. Alles deutet darauf hin, dass es sich bei der Todesart der Frau nicht um einen Selbstmord handelt. Sie hat vor ihrem Tod eine Nachricht hinterlassen: sie schrieb mit ihrem eigenen Blut das die Buchstaben R-a-c-h-e. Vielleicht kann Sherlock mit seiner außergewöhlichen Beobachtungs- und Kombinationsgabe etwas herausfinden und den Fall lösen. Da er nicht gut auf den Forensiker von Scotland Yard zu sprechen ist, nimmt er kurzerhand Dr. Watson mit zum Tatort, er ist ja immerhin Doktor.
Watson lernt während seines ersten gemeinsamen Falles mit Sherlock auch dessen Bruder Mycroft und die schräge Beziehung untereinander kennen. Moriarty taucht natürlich auch auf Bildfläche auf – nicht in Person, aber die ersten Berührungspunkte werden geknüpft. Was das alles mit einer harmlosen Pille zu hat, das wird Sherlock doch sicherlich knacken. Und los geht das Verwirrspiel.
Was bleibt zu sagen?
Auch wenn die Geschichte wohl bekannt ist und der Inhalt wenig überrascht, ist der Manga einen Blick wert. Ich habe auch nicht erwartet, dass die Studie in Scharlachrot nun neu interpretiert wird, mir ging es tatsächlich um den Stil an sich. Die Geschichten rund um Holmes haben es mir angetan und ich kann mich daran auch fast nicht satt sehen. Ich habe den knapp 200 Seiten-Comic für eine lange Autofahrt gekauft und in einem Stück gelesen. Die Umsetzung ist sehr gelungen – sowohl Zeichnungen als auch Dialoge. Beides lehnt stark an die Serie an (wurde ja auch adaptiert) und das ist gut. Die Charaktere sind zu erkennen und bleiben sich treu. Die Dialoge sind wie immer schlagfertig und charmant, sie wurden auch im Comicstil wohl überlegt ausgewählt, ohne dabei in irgendeiner Form einzubußen (da der Umfang reduziert wurde) oder Verwirrung zu stiften.
Zur Farbgebung brauche ich nun nicht viel zu sagen, aber der Zeichenstil ist echt toll. Das ist mir doch auch schon auf der ersten Seite aufgefallen. Schaut man sich gleich das erste Bild mit Big Ben an, sieht man erst einmal, wie detailreiche gerarbeitet und schraffiert wurde. Die Zeichnug wirkt wie eine Aufnahme, ein Schnappschuss, der im Vorbeigehen mit der Kamera eingefangen wurde. Das Einzige, das mich wirklich störte, waren ab und an die Mimik Sherlocks, die etwas verschoben wirkte oder wie bereits erwähnt, Watsons Nase. Witzig eigentlich.
Meiner Meinug nach sehr kurzweilig und gerade für diejenigen, die die Serie schon kennen, geeignet. Fans kommen auf ihre Kosten und können im Witz und Charme der Serie schwelgen. Falls sich jemand, der keine Manga-Erfahrung hat, entscheiden sollte, das in naher Zukunft zu ändern, der kann das getrost mit Sherlock angehen. Er bietet einen guten Einstieg, da die Lektüre den meisten bekannt ist und sie als Manga einfach eine eigene Atmosphäre verprüht.
Trailer zum Manga
Was genau?
Titel: Sherlock als Manga – Ein Fall von Pink (Band 1)
Von: Jay., Mark Gatiss, Steven Moffat
Verlag: Carlsen Manga
Seiten: 212, Softcover
Preis: 3 Bände je 12,99
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